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Als Kaiser Franz noch aus dem Blechnapf fraß
18. Juni 2014 Rezensionen

Pünktlich zum WM-Beginn hat der Historiker Kay Schiller ein lesbares Buch zur Geschichte der Fußballweltmeisterschaft 1974 auf den Markt geworfen. In sieben schlanken Kapiteln geht er der Frage nach, inwiefern die WM 74 die Geburtsstunde der modernen Fußballvermarktung ist.

Eine Rezension von Frank Willmann

In der Tat stieg erst 74 das Fernsehen massiv in die Übertragung ein und expedierte den Deutschen ihr Lieblingsspiel auf die Couch. Die Politik, damals hieß der Kanzler Schmidt, interessierte sich nur nebenher für das proletarische Spiel und nutzte die Balltreterei noch nicht so schamlos für`s Imageaufpolieren, wie das heute beispielsweise Frau Merkel heute tut, die augenscheinlich am liebsten mit Schweine, Poldi und den anderen Teutonen in die Kabine hoppeln würde. Fotografier von BILD & Brigitte.

Auch die Werbeindustrie entdeckte den Fußball erst langsam, die FIFA ein halbwegs würdiger, erzkonservativer Altherrenclub, noch nicht so grenzenlos geldgierig und verkommen wie heute. Der kalte Krieg war am Köcheln, Langhaarig wie Netzer und Breitner wurden Rebellen genannt. Indes Beckenbauer und Hoeneß schon damals nur an die eigenen Brötchen dachten, demonstrierten Studenten und Exilanten aus Chile gegen die Militärjunta und wurde die BRD von Jürgen Sparwasser hinterrücks gemeuchelt. Die BILD-Zeitung blökte, Franz nahm intern die Zügel in die Hand, Die Westler sangen Fußball ist unser Leben, die Ostler: Der Ball war so rund wie die Welt: Wer wurde nochmal Weltmeister?

WM 74: Als der Fußball modern wurde, Kay Schiller, 192 Seiten, Rotbuch Verlag, Berlin 2014, 14,95 Euro

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