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Interview mit TedStriker von Eine Reise dorthin, wo der Osten schon wieder Westen ist
11. August 2008 Interviews

In einer Wertung dürfte TedStriker mit seinem neuen Magazin eine Bestmarke aufgestellt haben. ‚Ein Reise dorthin, wo der Osten schon wieder der Westen ist’ sollte die Neuerscheinung mit dem längsten Titel sein. Auf den 100 Seiten des Heftes schreibt er über seine zweieinhalb Monate andauernde Reise von Greifswald über Zentralasien zum Gelben Meer. Wie TedStriker dazu kam, solche eine Tour allein in Angriff zu nehmen und was er dabei erlebte, erklärte er mir in einem kurzen Gespräch.

Was treibt einen eigentlich an, in 73 Tagen 34.587 Kilometer zurückzulegen, um Endeffekt ‚nur’ Fußballspiele zu besuchen?

Hätte ich wirklich 34.587 Kilometer zurückgelegt, um nur Fußballspiele zu besuchen, hätte ich mich selber hinterfragen müssen. Ganz klar: der Fußball war ein Neben- und Orientierungsprodukt – wäre die Tour akribisch unter hoppingtechnischer Gesichtspunkte geplant worden, hätte ich sicherlich 50+x Spiele besucht. Der Antrieb für diese Unternehmung war das völlig Unbekannte, der Drang nach Abenteuer, den man im Alltag nicht findet, um im Endeffekt eine gewisse, längerfristige Befriedigung zu erlangen. Das Erreichte kann mir keiner mehr nehmen – außer vielleicht die Demenz im Alter. Von den gewonnen Erinnerungen werde ich noch lange zerren können und muss mir später hoffentlich nie die Frage stellen, ob ich alles dass, was realistisch betrachtet im Bereich des für mich Möglichen lag, umgesetzt habe.

Was waren die Highlights Deiner Reise?

Touristisch stachen auf jeden Fall das usbekische Buchara und der Baikalsee in Sibirien heraus. Von den besuchten Fußballspielen blieb sicherlich Spartak Moskau gegen Zenit Sankt Petersburg in Erinnerung, aber auch beispielsweise die Partie MLT Duschanbe gegen FK Wachdat in der dritten tadschikischen Liga hatte durch ihre Ursprünglichkeit einen ganz besonderen Reiz…Die Hilfsbereitschaft von vielen Menschen, die ich unterwegs traf, egal ob arm oder reich, hat mir zudem sehr imponiert.

Hattest Du während der Fahrten durch Asien auch mal Situationen, die nicht so angenehm waren?

Die gab es natürlich. Die Schattenseite der von mir bereisten, zentralasiatischen Länder war die Willkür seitens der Miliz. Es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass wenn etwas passiert, man keine Chance besitzt, fair behandelt zu werden. Auf Gesetze kann man sich dort nicht berufen. Einzig das Winken mit Geldscheinen lässt subjektives Recht gewähren. Persönlich hatte ich mit meiner Niederlage Kirgisistan zu hadern, als mein Knie mich zwang, die Trekkingtour abzubrechen.

Hopper gelten ja als sehr mitteilungsbedürftig, so gibt es mittlerweile zahlreiche Publikationen. Woran, glaubst Du, liegt das?

Um es vorweg zu nehmen, halte ich mich nicht wirklich für mitteilungsbedürftig – liegt wohl an meiner norddeutschen Herkunft. Ich schreibe eigentlich für mich selber. Es ist immer wieder faszinierend alte, eigene Berichte zu lesen und an die erlebten Details erinnert zu werden. Vieles würde sonst über die Jahre wohl vergessen werden. Die Berichte sind meine Zeugen für die Ewigkeit.

Weshalb es so viele Veröffentlichungen gibt? Zum einen sicherlich wie bei mir als eine Art Tagebuch für die Autoren selber, zum anderen ist es mit dem technischen Fortschritt ein Kinderspiel, seine Anschauungen und Erlebnisse zu vervielfältigen oder/und via Internet einem breiten Publikum zur Verfügung zu stellen. Ob nun alles auch lesenwert ist, sei dahingestellt.

Welche anderen Magazinen würdest Du empfehlen und warum? Gibt es vielleicht auch Bücher zum Thema, die Du gerne gelesen hast?

Am Markt haben sich einige aus meiner Sicht sehr lesenswerten Zines etabliert. Die Avantgardistenrolle fällt ohne wenn und aber den Balkan- und Polenfetischisten aus Zwickau zu. Die Beziehungskiste sollte, wie die Eigenironie noch vor dem Erwerb des Informers vom angehenden Hopper zugelegt werden bzw. ausgeprägt sein. Daneben muss ich natürlich, wie es mir oft vorgeworfen wird, selbstverherrlichend sein und ‚Grütze mit Sahne’ anfügen – ein durchaus gelungenes Heft, meiner Einschätzung nach. Ganz oben rangieren auch, die Aufzählung erfolgt Querbeet und nicht nach Wertigkeit, die Magazine Fränkisch Brot, Dehli Belly, BG International, Drohnbüttel, Dünnpfiffblattl, Im Tal der Ahnungslosen und mit Abzügen in der B-Note Hopp Hard.

Bücher die ich gelesen hab, gibt es – es gibt ja praktisch nur ein Produkt in diesem Segment, aber gerne gelesen habe ich das eigentlich nicht. Abenteuer Groundhopping in der ersten Auflage hatte zwar teilweise gute Berichte, aber insgesamt stört mich das Konzept hinter dieser Publikation. Mit dem Erlebten von anderen profiliert sich eine Person, die am Schreibtisch sitzt und ein wenig ‚Copy und Paste’ spielt. Meiner Meinung nach kann man Faszination für dieses rastlose Hetzen von einem Ground zum anderen auch aus den oben genannten Zines beziehen.

Wie siehst Du allgemein die Entwicklung in der Hopping-Szene?

Mit der Beantwortung dieser Frage kann ich mich nur wieder in dem Licht platzieren, in dem mich meine Kritiker zu gerne schieben. Ich sehe die Entwicklung nicht als wirklich positiv, obwohl ich dies nur aus der Ferne beurteilen kann, da ich eigentlich kaum Kontakt zu anderen ‚Kollegen’ pflege. Die reine Jagd nach Kreuzen getreu dem Motto ‚auf Teufel komm raus’, die durch den immer weiter voranschreitenden Verlust der Distanz in Folge der drastischen Ausweitung der Verfügbarkeit von Transportmittel zum Discounterpreis immer obskurere Formen annimmt, will sich mir nicht wirklich erschließen. Hauptsache es wird im Land X ein Kreuz gemacht, am besten unter kompletter Abschirmung von den Einheimischen und schnell weg. Den Sinn hinter diesem Konzept verstehe ich nicht wirklich, aber auseinandersetzen tue ich mich damit auch nicht mehr – man wird ruhiger.

Irgendwie ist das Groundhopping seit einigen Jahren zu einer Mode verkommen – bin ich nicht Ultra, muss ich wenigstens Hopper sein. Aber der Aussiebungsprozess ist gewaltig – aus meiner Sicht sind zu der kleinen Scharr, an für mein Empfinden Groundhopper mit Leib und Seele, eh keinen neuen Gesichter hinzu gestoßen.

Wohin führt Dich Deine nächste Reise?

Eine Reise oder Tour in dem Sinn wird es für mich nicht mehr geben. Ein paar kleinere Ausflüge östlich von Neiße und Oder sollen aber auch in Zukunft stattfinden.

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