von Jens Fuge
Zeit und Improvisationsgeist konservierten ein Stück amerikanisch-kubanischer Kulturgeschichte. Die ‚Cuban Harlistas‘ hegen und pflegen seit der Revolution vor 55 Jahren ein Stück Hinterlassenschaft des Klassenfeindes. Die alten Motorräder der Marke ‚Harley-Davidson‘ werden immer wieder instandgesetzt und repariert, und trotz allergrößter Probleme bei der Ersatzteilbeschaffung laufen die robusten Kräder seit 60, 70 Jahren einwandfrei. In manchen Familien gehören sie dazu, seit der Großvater sie anschaffte, nur, dass sie heute vom enkel gefahren wird. Kubas beste Mechaniker gehören zur Gilde der Harlistas, die in den letzten Jahren durch die Öffnung Kubas mehr Öffentlichkeit fanden und seither Teil jener weltweiten Gemeinde sind, die dem Kultmotorrad aus den USA huldigen.
Dabei sind die Kubaner stets eigene Wege gegangen, so dass es nicht Wunder nimmt, wenn einer von ihnen behauptet, dass die Bikes inzwischen kubanische Motorräder seien. „Sie wuchsen hier auf, haben ihre sozialen Wurzeln in Kuba und wurden mit so vielen kubanischen Teilen versehen, dass sie seit langem schon ein Teil unserer Kultur sind“.
50 Porträts zeigen die kubanischen Harley-Jünger in wunderschönen Aufnahmen des italienischen Fotografen Max Cucchi, der über 15 Jahre in Havanna lebte und oft mit den Harlistas unterwegs war. In den Begleittexten, die sich in deutsch, englisch und spanisch im Buch finden, beschreiben die amerikanische Reisejournalistin und Publizistin Conner Gorry sowie der deutsche Motorrad- und Reisejournalist Jens Fuge die Passion der Harley-Enthusiasten von der Karibikinsel. Die Charaktere sind vielfältig, die Motive stets gleich. Ob der Sohn des legendären ‚Che‘ Guevara oder der berühmteste Rockstar der Insel, David Blanco, ob der 90-jährige Miniet, der als Mitglied der Akrobatikstaffel der Polizei einst direkt vor Fidel Castro aus fünf Metern Höhe stürzte, oder Luis, der Harleys sammelt und inzwischen acht der alten Schmuckstücke in der Garage stehen hat – sie alle lieben die Kraft, den Sound und das Gefühl der Freiheit, das die Harleys seit Generationen weltweit vermitteln. Das sieht auch Adriana so, die einzige Frau, die in Kuba Harley fährt – noch. Denn das Motorrad spielt auch eine große Rolle bei der Emanzipation, egal, ob von behördlichen Zwängen oder gegenüber dem allgegenwärtigen Machismo auf der Karibikinsel.
dreisprachig: spanisch, englisch, deutsch
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