Vor etwa zwei Wochen ist der Erstlingsroman von Jens Knibbiche im Blickfang Ultra-Verlag erschienen. In seinem Buch mit dem Titel ‚Abstiegsspiel‘ schreibt der Autor über Hooligankämpfe, Drogen, Alkohol und kriminelle Raubzüge. Um was es seinem Buch genau geht und in wie weit der Inhalt autobiografisch ist, dazu stand Jens Knibbiche am zurückliegenden Wochenende Rede und Antwort.
Hallo Jens, vor wenigen Tagen ist Dein erstes Buch erschienen. Wie zufrieden bist Du mit dem Ergebnis und gab es eventuell schon Feedback?
Ich bin ein sehr skeptischer Typ und auch kritisch gegenüber eigenen Werken. In diesem Fall hatte ich Bedenken, dass das Buch in der Fußballszene nicht angenommen wird, da der Inhalt nicht zu einhundert Prozent aus Fußball besteht. Dass ich nun ausgerechnet von den Fußballleuten bisher eine überwältigende Resonanz erfahren und gute Kritiken bekommen habe, hat mich dann doch überrascht. Viele hätten sich sogar gewünscht, dass ich bestimmte Themen, abseits des Fußballs noch mehr ausschmücke. Vielleicht liegt es einfach daran, dass die Handlung durch viele nicht alltägliche Dinge und Abwechslung gekennzeichnet ist. Bereits nach zwei Wochen betrachten sowohl der Verlag als auch ich das Buch als einen Erfolg. Ganz ehrlich – Das hätte ich vorher nicht gedacht!
Beschreib doch bitte, was den Leser in Deinem Werk erwartet?
Der Leser begleitet einen FCM–Fan auf einer Reise in seine DDR-Kindheit, Jugend und weiteren Lebensepochen. Die Reise ist geprägt von krassen Erlebnissen, Drogenkonsum, sozialen Abstiegen, organisierter Kriminalität und natürlich auch mit einer gehörigen Portion Fußball. So setzt sich das Werk mit dem alten und dem modernen Fußball, insbesondere RB auseinander. Natürlich habe ich auch an die erlebnisorientierten Leser gedacht und Auseinandersetzungen beim Fußball mit eingebaut. Als besondere Beigaben sind Dinge wie eine ‚WM 2006- Erlebnisschilderung‘ unter dem Einfluss von LSD oder dem Besuch einer ‚Underground-Domina‘ enthalten.
Inwieweit ist der Inhalt des Buches autobiografisch?
Viele Geschichten im Buch orientieren sich an tatsächlich geschehenen Ereignissen, allerdings handelt es sich NICHT um eine Autobiografie. Die Ideen lieferten mir größtenteils zwei Spielsüchtige. Natürlich hinterlässt ein Autor im Buch seine Meinungen zu gewissen Themen und bringt eigene Erfahrungen automatisch mit ein. In diesem Buch sind es die Erfahrungen mit dem Fußball. Als langjähriger, aktiver Fan habe ich einiges erlebt und viele Kontakte.
Was war der Auslöser, um mit der Arbeit an diesem Buch zu beginnen?
Schon seit meiner Kindheit träumte ich davon, ein Buch zu schreiben. Ich schreibe unheimlich gern. In der Vergangenheit habe ich bereits Anläufe genommen und dann nach ein paar Seiten aufgegeben. Es fehlten einfach der Kick und die Emotionalität in den Handlungen. Das jetzt gewählte Thema hat mich bewegt und aus einer geplanten Kurzgeschichte für ein Zine wurde plötzlich ein Buch.
Wie tief bist Du eigentlich in der Fanszene des FCM verwurzelt?
Seit 1990 besuche ich die Spiele des FCM. Mein Platz ist in der aktiven Fanszene, genauer gesagt im Block U. Aufgrund familiärer Änderungen und den damit verbundenen Vaterpflichten habe ich meine Fußballleidenschaft die letzten anderthalb Jahre zurückgeschraubt – natürlich nur vorläufig. Ich hoffe darauf, dass der Kleine irgendwann im Block eine Fahne schwenkt und der alte Papa seine Rückenschmerzen auf den oberen Rängen auskuriert. (lacht)
Welche Fanszenen haben Dich bisher nachhaltig beeindruckt?
Bei den vielen Spielen, die ich im In- und Ausland besucht habe, ist die Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Zuerst möchte ich die Szene von Hutnik Kraków nennen. Die gelebte Gastfreundschaft in Nowa Huta ist sehr herzlich und ehrlich. Darüber hinaus beeindrucken mich beide Belgrader Szenen, U.S. Foggia, Napoli und Zenit St. Petersburg. Erwähnen möchte ich auch die Szene von Falubaz Zielona Gòra. Es ist schon unglaublich, was dort wohlgemerkt im Rahmen von Speedwayveranstaltungen im Stadion abgeht.
Wenn Du etwas am heutigen Fußball ändern könntest, was wäre das?
Was für eine Fangfrage. Ich glaube, dass meine Meinung die Kapazität Deiner Seite sprengen würde, also versuche ich mich kurzzuhalten. Ich bin Traditionalist durch und durch! Der FCM hat 1974 den Europapokal mit einer Mannschaft geholt, deren Spieler alle aus der Region kamen. Die sportliche Arbeit des Clubs und die Nachwuchsarbeit sicherten den Erfolg – nicht irgendwelche Finanzspritzen von Milliardären oder großen Unternehmen! Heute verwandeln sich Vereine in Aktiengesellschaften und die Vereinsoberen verkaufen traditionsreiche Stadionnamen an Unternehmen. Diese kennen keine Skrupel und geben den Spielstätten schreckliche Namen. Der Werbeeffekt ist eben viel wichtiger als die Tradition. Insgesamt ist es aber müheselig, sich darüber aufzuregen. Den Kampf gegen die Kommerzialisierung haben wir schon viel länger verloren. Das Produkt RB Leipzig ist doch nur die Spitze des Eisberges. Jetzt muss jeder für sich selber entscheiden, wie weit er Teil dieser Kommerzialisierung sein will und seine eigene Schmerzgrenze festlegen.
Welche anderen Magazine und Bücher würdest Du empfehlen?
Zurzeit sind viele gute Hefte auf dem Markt. Hervorheben möchte ich den Nürnberger ‚Daggl‘,die Zwickauer ‚Beziehungskiste‘ und ‚Mi buen Amigo‘. Diese Hefte zeichnen sich durch einen hohen Informationsgehalt aus. Außerdem gefiel mir die Ausgabe zwei von ‚Jottwede‘. Mal schauen ob die Unioner dieses hohe Zinelevel halten können. Bücher lese ich sehr viele und mir fällt es echt schwer, Empfehlungen zu geben. Zuletzt habe ich die Werke ‚Wolfskind‘ von Ingeborg Jacobs und ‚Jeder stirbt für sich allein‘ von Hans Fallada regelrecht verschlungen.
am 11. November 2014 um 07:22 Uhr
Ein geiles und abwechslungsreiches Buch. Herr Knibbiche, machen Sie sich keine Gedanken wegen der Fußballleute. Der Fußballanteil im Buch ist reichlich und zudem cool geschrieben. Ich kann diesem Buch nur meine Empfehlung aussprechen und gratuliere dem Autor.