„Die Fanzinekultur aufrecht erhalten“ – Interview mit Maik von Killefitt

Durch | 15. September 2017

Zu Beginn der Woche hatte mit der Erstausgabe von Killefitt mal wieder ein komplett neues Heft die Lagerräumlichkeiten erreicht. Die beiden Autoren waren mit Block und Kamera unter anderem in Lettland, Georgien, Kambodscha, Serbien und Österreich unterwegs, um nun ihre Erlebnisse mit den Lesern zu teilen. Im Folgenden nahm sich einer der Herausgeber die Zeit, um einige Fragen zum Heft und zum Thema Groundhopping zu beantworten.

Killefitt 1Hallo Maik, die Erstausgabe Eures Groundhopping-Magazins ‚Killefitt‘ ist fertig. Was erwartet den Leser in Eurem Heft?

Genauso bekloppt wie der Name waren auch die Erlebnisse rund um den Fußball. Von Auseinandersetzungen mit der finnischen Handtuchmafia bis hin zum entlaufenen Hund auf dem Spielfeld in Georgien erlebten wir mal wieder Sachen, die es eigentlich gar nicht gibt. Neben reichlich Kneipen durften wir zahlreiche Pyroshows in den Ländern dieser Welt bewundern. Das Wien-Derby, welches übrigens den Weg zweimal ins Heft fand, bot uns ordentlich Zündstoff, ebenso wie das klassische Belgrad Derby. Einen Platzsturm beim Prager Derby durften wir zu unserem Erfreuen auch noch miterleben. Nicht so heiß, aber mindestens genauso interessant ging es bei einer fast einmonatigen Thailand- und Kambodscha-Rundreise zu. In unserer Erstausgabe sind so 41 Spiele aus 14 Ländern aus der vergangenen Spielzeit zusammengekommen. Ergänzend zu den Spielberichten setzten wir uns noch eingehender mit der Materie ‚Stadion‘ auseinander und haben dazu den Stadionhistoriker Christian Wolter interviewt.

Wie ist bei Euch die Idee für ein eigenes Groundhopping-Heft entstanden?

Die Idee war recht simpel und pragmatisch. Unser Wissensdurst rund um den Fußball ist unerschöpflich. Mit vielen verschiedenen Heften wird dieser Durst ständig gestillt. Darin geht es bekanntermaßen neben dem Spiel um das ganze Drumherum einer Reise. Nach unseren Touren möchten wir nun über unsere Erfahrungen berichten und damit etwas den Lesebedarf der anderen Hopper stillen. Außerdem wollen wir im Zeitalter der oberflächlichen digitalen Informationsflut die Fanzinekultur dahingehend aufrecht erhalten und Fußballfans lieber mit ausführlichen Berichten informieren.

Was treibt Dich eigentlich an, Deine Wochenenden in Flugzeugen und Bahnen zu verbringen, um irgendwo auf der Welt ein Fußballspiel zu sehen?

Diese Frage habe ich mir schon unzählige Male selbst gestellt. Ich persönlich verbinde meine Lust zum Reisen einfach mit Stadionbesuchen. Das Fußballspiel ist nur ein Bruchteil einer Reise. Allein schon auf der An- und Abreise erlebt man so viel Verrücktes. Daneben sieht man Orte und Länder, zu denen kein normaler Tourist hinkommt und erlangt somit interessante Einblicke in eine ganze Gesellschaft und sieht die Welt einfach so, wie sie dort wirklich ist. Darüber hinaus treibt es mich an, mir ein eigenes Bild von allem zu machen und vielleicht schon verpönte Fanszenen selbst zu beurteilen. Im Stadion begeistern mich in der Regel die Geschehnisse auf den Rängen mehr als die auf dem Rasen.

Welche Fanszenen haben Dich bisher nachhaltig beeindruckt?

Da wäre zum ersten die Südkurve Zürich. Heim- wie auswärts legten die Jungs und Mädels bei meinen Besuchen einen absoluten Sahneauftritt hin. Neben reichlich Pyro und guten Tifoeinsatz war es schlussendlich das Liedgut und deren Melodien, die mich auf dem Stuhl zum Mitwippen animierten und damit nachhaltig beeindruckten. Der Klassiker Delije darf bei meiner Antwort auch nicht fehlen; gerade mein erstes Belgrad-Derby im September 2015 wird mir ewig in Erinnerung bleiben, wo neben durchgehendem brachialem Support an die 300 Bengalen gleichzeitig den Nachthimmel erhellten. Außerdem konnten mich die Maniacs von FK Željezničar Sarajevo bei ihren Auftritten begeistern. Überragende Wechselgesänge, ein tobender Block, ein dermaßen geiles Stadion und Pyroshows wie man sie sich nicht schöner vorstellen kann. Aber auch von kleineren Szenen bin ich immer wieder beeindruckt, wenn diese konsequent ihr Ding durchziehen und Spaß daran haben, ihr Team zu unterstützen.

Wie sieht für Dich das perfekte Stadion aus?

Das perfekte Stadion… da muss ich doch tatsächlich sehr grübeln. Bei der Architektur selbst kann ich gar nicht genau sagen, wie es letzten Endes aussehen soll. Ich denke, da kann ich mit vielen Dingen leben. Es muss auf jeden Fall Geschichte beherbergen, das heißt, dass Erinnerungen damit verbunden sein müssen. Abgeranzt, mit Patina bedeckt, aber doch liebevoll über die Jahre gepflegt. Aus Buenos Aires oder London kenne ich es, dass die Stadien oftmals direkt ins Viertel integriert sind und man im täglichen Leben oft an ihnen vorbeikommt. Das schafft Heimatcharakter und gefällt mir selber sehr!

Welche Stadien oder auch Regionen willst Du unbedingt noch bereisen?

Ganz oben auf meiner Liste steht Island. Hier reizt mich vor allem die Landschaft. Stadion- und fantechnisch braucht man dort bekanntlich keine Erwartungen zu haben. Lege ich den Fokus eher auf ordentliche Fanszenen, reizt mich Indonesien und Malaysia, aber auch eins der Stockholm-Derbys muss in geraumer Zeit näher unter die Lupe genommen werden. Ansonsten interessieren mich die Turkstaaten und Afrika, wo die Uhren komplett anders ticken.

Wenn Du etwas am heutigen Fußball ändern könntest, was wäre das?

Schwierige Frage und ich glaube über keine wird derzeit so heftig diskutiert wie diese – Stichwort ‚Krieg dem DFB‘. Es gibt mittlerweile so viele Konfliktfelder im heutigen Fußball. Besonders erschreckend beobachte ich die finanzielle Fokussierung rund um den Fußball. Das in der heutigen Zeit Sponsoren und andere wirtschaftliche Kanäle unerlässlich sind, ist uns wohl allen bewusst. Doch am Ende des Tages dreht sich alles zu sehr ums Geld: sei es eine WM in Katar, die chinesische U20 in der Regionalliga oder die Zerstückelung der Spieltage und Anstoßzeiten. Im Moment verfolgen die Vereine, Verbände und andere relevante Institutionen weiter die Auffassung, dass ihnen der Fußball gehört und behandeln die Menschen zunehmend als Konsumenten oder Einnahmequelle und nicht mehr als Fan. Hinzu kommen zahlreiche Sanktionen und Repressionen seitens DFB und Polizei. Hier wünsche ich mir manchmal einfach nur meine selbstverständlichen Bürgerrechte zurück.

Welche anderen Magazine würdest Du empfehlen und warum? Gibt es vielleicht auch Bücher zum Thema, die Du gerne gelesen hast?

Neben der Pflichtlektüre Dröhnbütel, Beziehungskiste, Grober Schnitzer und Republikflucht lese ich gerne das Transparent Magazin. Alle Magazine zeichnet ein unterhaltsamer Schreibstil mit sachlichen Hintergrundinformationen aus. Mindestens genauso gerne lese ich den Kompass, der mit ausführlichen Informationen zu den besuchten Fanszenen bei mir punkten kann.

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