Die Geschichte, wie Jan Küpper mit acht Jahren zum Fußball-Fan wird, kommt sicher vielen bekannt vor. Seine ältere Schwester zeigt ihm ihr Panini-Sammelalbum und voller Begeisterung auch den damals noch jungen Rudi Völler (wir schreiben das Jahr 1985), in Diensten des SV Werder Bremen. Der erscheint dem kleinen Jan ganz sympathisch, hinzu kommt noch ein Besuch des Weserstadions mit Vater (einem Bayern-Fan…) und Schwester – und fertig ist der Werder-Fan! Zunächst mangels Kenntnis eines anderen Vereins oder eines anderen Spielers, doch das sollte sich im Laufe der Jahre noch ändern.
Eine Kolumne von cyan
In seinem Buch ‚Für immer Grün-Weiß’ über sein Leben als glühender Anhänger der Grün-Weißen schildert Küpper seine Entwicklung vom Jung-Fan, der eher zufällig sein Herz an den SVW verliert, zum ausgewachsenen Fachmann und positiven Fanatiker des Bundesligisten. Geboren als Sohn eines Gastronoms im westfälischen Bocholt ist Küpper in der Gaststätte seines Vaters tagtäglich von Anhängern des FC Schalke 04 umgeben, denn Blau-Weiß sind die vorherrschenden Farben in seiner Heimat. Dennoch lässt sich der noch junge Fan in seiner Entscheidung, sein Herz an die Norddeutschen zu verlieren, nicht beeinflussen und bringt, anfangs noch etwas schüchtern, auch den eingefleischten Fans der Knappen die Philosophie des SVW immer näher. Denn was die Bremer von anderen Vereinen seiner Meinung nach unterscheidet ist die Natürlichkeit und Bodenständigkeit, die sich das Team um einst Otto Rehhagel und seine Nachfolger, derzeit um Thomas Schaaf, trotz doch beachtlicher Erfolge aufgebaut und bewahrt hat.
Die Kapitel sind aufgeteilt nach Spielzeiten, in denen der Autor die wichtigsten Ereignisse rund um den SVW noch einmal wiedergibt (in den ersten Kapitel = Jahren noch etwas spärlich…) und auch mit seinen persönlichen Empfindungen und Eindrücken nicht hinter dem Berg hält. Doch erst einmal mussten die Regeln des Bundesliga-Alltags erlernt werden. „Nach dem letzten Spieltag 1986 war ich traurig, dass jetzt Bundesligapause war, weil ich doch immer mehr von Rudi und Werder wusste, und allmählich begann ich zu schnallen, wie alle Tabellen und Ergebnisse zusammenhingen. […] Mama hat mir später immer erzählt, wie Papa in dieser Zeit erregt auf mich einredete, bis ich endlich kapiert hatte, dass ein Sieg zwei Punkte bedeuten, ein Remis einen und eine Niederlage null Punkte. Und was die einzelnen Spalten in den Tabellen bedeuteten, von den Platzierungen ganz zu schweigen.“ Auch hier könnte sich der ein oder andere Leser schmunzelnd an seine eigenen Anfänge als Fußballfan erinnern…
Es folgt die erste Saison, die Küpper komplett miterlebt und sie, wie so viele damals, samstags am Radio verfolgt – gleichzeitig natürlich mit Videotext am Fernseher, um auch ja kein Tor zu verpassen und möglichst schnell informiert zu sein. Auch Stadionbesuche stehen an. Zum ersten Mal im Weserstadion oder auch, aufgrund der heimatlichen Nähe, in Mönchengladbach. Doch mit dem damaligen Bökelberg-Stadion und heutigen Borussia-Park wird Küpper nie auf einen grünen Zweig kommen. War er live mit vor Ort, setzte es immer eine Niederlage für die Elf von der Weser.
Seine Ausbildung als Koch absolviert der Autor – na, wo wohl? Genau, in Bremen. Passend für den Werder-Fan in einem Betrieb, der das Catering in der Ehrenloge des Weserstadions mit in seinem Aufgabenbereich hat. Was nicht immer nur Vorteile hat… „Abends (Nachholspiel gegen Schalke, d. Red.) war ich zusätzlich noch als Koch in der VIP-Loge der Ostkurve eingestellt, um mitzuhelfen, die vielen hundert Gäste während des Spiels kulinarisch gut zu versorgen. Ich war also mittendrin, was natürlich schön war, aber als der Anpfiff kam, ging es mir mit meinen gedämpften Lachsfilets in der Hand nicht sonderlich gut. Ich schaute ständig aufs Spielfeld, übersah so manchen Gegenverkehr in der Loge, sprach hibbelig mit Magenschmerzen zu den Gästen, ich war wie im falschen Spiel. Loge gut und schön, aber nie wieder bei einem entscheidenden Werder-Spiel, dann doch lieber bei Konzerten der Rolling Stones“.
Drei Jahre Bremen enden für Küpper mit einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung und dem DFB-Pokalsieg der Werderaner 1999. Endlich kann auch der Werder-Fan aus Westfalen mit den anderen Fans auf dem Marktplatz feiern und seinen Helden bei der Präsentation des Pokals zujubeln: „Als ich da oben auf dem Roland stand, wanderte mir so einiges durch den Kopf. Drei Jahre Bremen gingen langsam zu Ende. Drei Jahre zwischen Mittelmaß und Abstiegskampf. Und trotzdem hat der Fußballgott es im letzten Moment noch hinbekommen, dass ich am morgigen Sonntag auf dem Marktplatz einer Werder-Mannschaft zujubeln durfte – mein alter Traum“.
Zurück im heimischen Bocholt, nimmt das Leben von Küpper seinen Lauf mit einer Anstellung im elterlichen Betrieb und dem Weiterführen seiner Fernbeziehung mit Freundin Marion. Denn die zieht, kaum ist Küpper aus Bremen zurück, zum Studium nach Aachen. Zum Glück eine Stadt mit einem Fußballverein, denn so lässt sich der ein oder andere Besuch in Aachen mit einem kurzen Abstecher auf den Tivoli verbinden. Doch natürlich bleibt er seinem SV Werder weiterhin treu und mit Leib und Seele verbunden. So freut er sich über die Teilnahmen an UEFA-Cup und Champions-League, feiert den Gewinn des Double 2004, ärgert sich über den glanzlosen Abgang von Torsten Frings zum FC Bayern und die Arroganz der Schalker. Denn die stellen für ihn seit dem Beginn seiner Fußballleidenschaft den krassen Gegensatz zu seinem SV Werder dar. „Ich erkenne bei Schalke nämliche so viele Dinge, die ich bei Werder nie sehen möchte; wenn ich nach Schalke schaue, finde ich immer wieder die Bestätigung, dass ich von meinem Wesen her mich bei Werder einfach am besten aufgehoben fühle und dass ich, verdammt noch mal, froh bin, trotz aller regionaler ‚Gefahren’ nicht nach Gelsenkirchen, sondern zu diesem mir eigentlich sehr fernen Verein an die Weser gezogen wurde. Ich bin kein Mensch der lauten Töne, ich respektiere jeden, der mit Herzblut für egal welchen Verein einsteht“.
Wie sehr der Verein aus Norddeutschland mit seinen Spielern das Leben von Küpper begleitet, zeigt sich bei der Namensfindung seines ungeborenen Sohnes. „Eines Tages haute Marion wieder einen neuen Vorschlag raus: „Jan, wie wär’s mit ‚Kalle’? Einfach nur Kalle, kein Karl, Karl-Heinz oder Ähnliches. Einfach Kalle, wie Kalle Blomquist?“ Ich dachte nur: „Kalle – wie Kalle Blomquist?! Drehte sie jetzt ganz durch? Das heißt Kalle – wie Kalle Riedle! Das ist der schönste Name, den es gibt!“
Jan Küpper – einer der vielen positiven Fußballverrückten, die eher durch Zufall zum Fan geworden, von der Faszination Fußball aber nicht mehr los gekommen sind. Viele werden sich selbst beim Lesen wieder erkennen, da sich viele Szenen natürlich auch in anderen heimischen Wohnzimmern, vor Radios und Fernsehgeräten und auch live vor Ort im Stadion genauso abgespielt haben. Sicher ist der SV Werder Bremen aus Fan-Sicht beschrieben und auch bei den Norddeutschen nicht immer alles Gold was glänzt, dennoch bekommt man den Eindruck, es mit einem sympathischen Verein zu tun haben. In der heutigen Zeit mit Fan-Krawallen und ähnlichem, sicher nicht zu verachten!
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