Der Autor von ‚Schwarzer Hals Gelbe Zähne‘ erzählt in seinem Roman ‚Was wir niemals waren‘ die mehr oder weniger fiktive Geschichte des jungen Michas, der in der DDR der 80er Jahre aufwächst und seine Liebe zu Dynamo Dresden entdeckt. Es gibt keine Krawall- und Randaleberichte, sondern Geschichten über das Aufwachsen im Arbeiter- und Bauernstaat, die mit einem liebenswerten Wortwitz erzählt werden.
Eine Rezension von Ingo Braun
Zwischen Polytechnischer Oberschule und Wehrerziehung spielt Dynamo eine wichtige Rolle für den jungen Dresdner und seine Kumpels. Es wird zusammen gefeiert, gesoffen und Dynamo unterstützt, auch wenn die Fußballszene in den 14 Kapiteln eigentlich im Hintergrund steht.
Die politische Lage als Jugendlicher in der DDR wird mit einer gewissen Ironie dargestellt und die staatlichen Leitfiguren werden mit Sarkasmus überhäuft. Aufgelockert werden die Geschichten durch gelegentliche Zitate in breitestem Sächsisch, was das Ganze liebenswert macht.
Zwischen den einzelnen Kapiteln finden sich zur Dokumentation der tatsächlichen Geschehnisse Auszüge aus Stasi-Berichten zur Dresdner Fußballszene, die aber nicht im direkten Zusammenhang mit dem jeweiligen Inhalt des Kapitels stehen. Gleiches gilt für Flyer der Dresdner Neonazi-Szene aus der Wendezeit.
Wirklich informativ ist ein Interview mit einem ehemaligen Stasi-Hauptmann. Da wird einem plötzlich ganz anders, wenn so ein Ewiggestriger noch mal vom Leder lässt und seine Taten beschönigt, wenn nicht sogar verherrlicht. Der Hauptmann redet sich zunehmend in Rage und endet in Verherrlichung des Systems, dass selbst der Interviewer erst mal ein Bier zur Beruhigung braucht. Ich fand dieses Interview echt super, aber eingeschoben in einem halb fiktiven Roman wirkt es irgendwie auch völlig fehl am Platz.
Trotzdem ein wirklich lesenswertes Buch, gerade weil nicht nur die Fußballszenerie im Vordergrund steht und es vielmehr ein Buch über die letzten Atemzüge der DDR ist und wie sich Teile der Jugend darin orientiert haben.
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