Seitdem ich ein Interview mit Mark Chester gesehen hatte, wollte ich unbedingt sein Buch über die Firm von Stoke City lesen. Gut Ding will Weile haben und vor kurzem hat der Trolsen Verlag eben diese Biografie ins Deutsche übersetzt.
Eine Rezension von Ingo Braun
‚Naughty‘ ist nicht nur die Geschichte der Firm, sondern die von Mark ‚Jasper‘ Chester. Den Unterschied zu den üblichen britischen Hooligan Werken lässt sich auf den ersten Blick erkennen. Satte 402 Seiten erwarten den Leser. Der Autor hat eben viel zu erzählen und seine Schilderungen des Fußballkrawalls rund um die Spiele des Stoke City Football Club verfügen über eine unheimliche Detailtiefe, gerade was die Zusammensetzung und die Dynamik eines Fußballmobs angeht. Vor allem klingen die Erlebnisse glaubwürdiger als manch andere Geschichte. Keine ‚Wir waren 20 und haben 400 Gegner in die Flucht geschlagen‘-Stories. Auch hat er kein Problem zuzugeben, dass Stoke sich nun mal nicht mit jedem Gegner messen konnte. Dass die Gegner oft nur Shrewsbury, Brighton oder Hull hießen, lag größtenteils auch am sportlichen Abschneiden von Stoke City und nicht an der Qualität von Stokes Casual Mob. Auch finde ich die ständige Selbstreflexion gut, dass das Leben mit der Gewalt kein großer Spaß ist, sondern auch seine Opfer fordert. Als warnende Beispiele finden sich im letzten Kapitel die Geschichten von Kumpels, für die jede Hilfe zu spät kam.
Ebenso interessant sind die anfänglichen Kapitel über seine Zeit bei der Army. Die Massenschlägereien während dem Militärdienst erscheinen teilweise heftiger als jeder Hooligan Fight, den er sonst so erlebt hat. Auch die Schilderungen der Prügeleien abseits des Stadions sind durchaus spannend und der Stoke Mob war eine echte Landplage in der Region. Schließlich war es eine dieser Aktionen außerhalb des Stadions, die Jasper zur Flucht nach Gibraltar zwang, wo er sich etliche Jahre versteckt hielt. Leider blendet er diesen Teil seiner Geschichte aus, denn diese Zeit wäre wohl ebenso interessant wie seine Erlebnisse beim Fußball. Aber das Buch bezieht sich nun mal auf seine Zeit mit den ‚Naughty Forty‘. Deren Entstehungsgeschichte bei einem Auswärtsspiel bei Pompey ist selbstverständlich ebenso Thema, wie das Kapitel über die ‚Under Fives‘, dem Nachwuchsmob der N40. Mark Chester umgibt eine charismatische Aura und man kann sich sehr gut vorstellen, wie der Nachwuchs an seinen Lippen hängt, wenn ‚Jasper‘ von den ‚guten alten Zeiten‘ erzählt.
Im letzten Kapitel kommen dann noch die alten Weggefährten und Haudegen von früher zu Wort und jeder erzählt noch mal von seiner Lieblingshauerei. Alles in allem ist ‚Naughty‘ keine planlose Aneinanderreihung diverser Fußballschlägereien, sondern ein sauberes Stück Hooligan-Literatur mit Kultfaktor.
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