Am vergangenen Freitag stand mal wieder der Paket-Bote mit einem schweren Karton vor unserer Tür. In diesem befand sich die neue Ausgabe von Erlebnis Fußball. Und da Fanmagazine, die es auf 39 Ausgaben bringen, eher die Seltenheit sind, wollte ich mehr über die Macher erfahren. Dankenswerterweise ‚opferte’ sich Tobias von der EF-Crew, um ausführlich auf meine Fragen einzugehen.
Tobias, in diesen Tagen erscheint die mittlerweile 39. Ausgabe Eures Magazins, was erwartet die Leser?
Diese Ausgabe besteht aus einem großen Interview mit zwei Gruppen des 1. FC Köln, einmal der ‚Wilden Horde’ als Hauptgruppe und der aufstrebenden Gruppe ‚BOYZ’. Wir setzten hier unser Konzept fort, auch Gruppen der zweiten Reihe mit zu interviewen, da man dadurch einen noch tieferen Einblick in die Szene erhält. Daneben haben wir noch allerlei andere Texte rund um den FC, wie z.B. einen Rückblick über die Freundschaft zu den ‚Supras Auteiul’ von Paris und einen Derbytext vom Spiel gegen Gladbach.
Darüber hinaus erzählt die Schickeria über die aktuelle Lage, nach den schlimmen Vorfällen auf dem Rasthof in Würzburg und die generelle Lage der Szene. Die Diablos aus Leipzig berichten von der Neugründung ihrer BSG Chemie und die Probleme, die solch ein Projekt mit sich bringt.
Als Auslandstext haben wir eine Vorstellung der Fanszene von Slovan Liberec und verschiedene kleinere Texte. Natürlich berichten wir auch von der EM, allerdings etwas differenzierter. Drei Wiener Gruppen erzählen ihre Sicht der Dinge und wie sie die EM erlebt haben. Außerdem haben wir einen ‚Off Topic’-Text, der sich mit Zlatan Ibramovic aus Schweden befasst und von der Integration von Minderheiten in Schweden berichtet. Sicherlich ganz Interessant, vor dem Hintergrund der vielen EM-Spieler mit Migrationshintergrund, nicht nur im deutschen Kader…
Mit welchen Zielen seit Ihr eigentlich damals an die erste Ausgabe herangegangen und sind Eure Erwartungen eingetroffen?
Die Grundidee war eigentlich ein Fotoheft, mit eher weniger Text zu etablieren. Um die Jahrtausendwende, als die Idee entstand, war das Internet zwar langsam am boomen, es gab jedoch noch nicht die heutigen Verbindungen und man konnte sich auch nicht innerhalb von wenigen Minuten einen Überblick verschaffen, was am Spieltag in den Stadien so los war. Damals war auch die digital Fotografie noch in den Kinderschuhen. Daher hatten Fotos einen ganz anderen Stellenwert, als das heute der Fall ist.
Aus diesen ersten Schritten ist dann die Idee gewachsen, zusätzlich zu ‚Match Live’ ein Heft zu erstellen, welches überregional aus den jeweiligen Fanszenen berichtet. Heute muss man sagen, dass unsere Erwartungen voll und ganz erfüllt wurden. Wir haben von Anfang an mit Problemen kämpfen müssen, sei es die Akzeptanz, die wir zu Beginn nicht hatten, oder Verkäufer die ihre Ausgaben nicht gezahlt haben (was teilweise dazu führte, dass wir nicht genug Geld für die neue Ausgabe hatten) …
Trotzdem geht EF nun mittlerweile ins achte Jahr und ist ein viel gelesenes Medium innerhalb der aktiven Fanszene. Leider gibt es momentan Tendenzen, dass viele Gruppen nicht mehr überregionale Veröffentlichungen bringen wollen. Das ist natürlich schade, viele Gruppen wurden noch nie in EF vorgestellt. Wir wissen, dass nicht nur Fans unser Heft lesen, sondern auch andere Institutionen/Behörden, dementsprechend sind einige Gruppen vorsichtig. Trotzdem sollte man dem entgegentreten, denn nur mit einer gewissen Öffentlichkeitsarbeit kann man Außenstehenden (EF hat einen großen Anteil an ‚Ultra’ interessierten Lesern – die mit den Gruppen sympathisieren, aber nicht aktiv sind) das aktive Fanleben näher bringen.
Könntest Du vielleicht kurz auf die Entwicklung Eures Heftes eingehen, was in den ganzen Jahren so passiert ist?
Wie bereits beschrieben, entstand die Idee im Jahr 2000. Nach langen Vorbereitungszeiten war es dann im zweiten Halbjahr 2001 endlich so weit und die erste Ausgabe ging in Druck. Es folgten drei Ausgaben zu einem Preis von fünf D-Mark pro Stück. Mit der Euro-Umstellung hoben wir den Preis auf drei Euro an, wobei wir auch die Seitenanzahl auf 64 Seiten erhöhten.
Angefangen haben wir mit drei Personen, wobei wir immer einen großen Anteil an freien Mitarbeitern hatten, die uns immer unterstützt haben. Ab Ausgabe 5 stieß dann ein weiterer Mitarbeiter aus der Dortmunder Fanszene dazu, davor stammten wir alle aus der Frankfurter Fanszene. Wir haben immer versucht pro Halbserie drei Ausgaben zu drucken, leider sind es ab und an auch nur zwei geworden. Seit nunmehr fast drei Jahren ist auch ein führendes Mitglied der Diablos in der Redaktion vertreten. Mittlerweile sind noch zwei weitere Mitarbeiter hinzugestoßen, einer mit Fokus auf die Region Balkan sowie Osteuropa sowie eine Person die bei allen möglichen Berichten mitarbeitet und Kontakt in die jeweiligen Szenen hält.
Gab es auch mal Momente, in denen Du alles hinwerfen wolltest?
Sicher gab es auch diese Momente. Die Situationen kommen immer wieder, wenn man z.B. versprochene Berichte zwei Tage vor Druck nicht erhält, Gruppen nicht mehr mit einem Zusammenarbeiten wollen usw. Man fragt sich dann sicherlich, ob das alles Sinn macht. Schließlich haben wir alle noch ein Privatleben und stehen im Beruf, bzw. ein Teil geht noch zur Uni. EF ist ein Projekt von Fans für Fans, und das spornt uns an… Das Projekt ist uns während der Jahre sehr ans Herz gewachsen, aus diesem Grund nimmt man aber einige Strapazen auf sich…
Einer der frustrierendsten Momente war sicher die siebente Ausgabe, wo an Stelle der dritten Seite eine fehlerhafte Fotoseite gedruckt wurde.
Welche war für Dich die bisher beste Ausgabe und warum?
Ich glaube es gibt mehrere Ausgaben, die ihren Charme hatten. Es ist also schwer zu sagen, welche die Beste war. Gut waren z.B. die Ausgaben 6 und 7, mit Texten zu den Szenen von Sampdoria und einem Bericht über die Ultras in Sizilien. Damals hatten wir noch ‚Pogo’ als freien Mitarbeiter, der schon für Match Live ab und an Berichte geschrieben hat. Auch das Interview mit der WH und den Boyz in der aktuellen Ausgabe zählt sicher zu einem der guten Interviews. Es liegt auch immer in der Sichtweise des Lesers, welche Ausgabe gelungen ist und welche nicht. Manche wünschen sich kleine Gruppen und Fanszenen, andere legen nur Wert auf die ‚großen’ Gruppen. Einige möchten gerne Texte über Gruppen wie Drughi von Juve, andere von zehn Mann starken Gruppen aus der vierten polnischen Liga. Die Schwierigkeit besteht darin, eine gesunde Mischung zu finden. Dementsprechend ist es schwer zu sage, welche Ausgabe einem am besten gefallen hat.
Wie viel Arbeit steckt eigentlich in einem Heft und wie klappt die Zuarbeit aus den Szenen?
Die reine Erstellung dauert ca. eine Woche. Vorher müssen natürlich noch Fotos in ausreichender Qualität herausgesucht werden und die Berichte organisiert, korrekturgelesen werden usw. Diese Arbeitszeit variiert von Ausgabe zu Ausgabe. Die Zusammenarbeit mit den Szenen klappt in der Regel gut. Wie schon erwähnt, gibt es Szenen, die nichts mehr bringen wollen bzw. wo man einfach keinen guten Draht hin hat.
Welche Ideen und Wünsche gibt es für die kommenden Jahre in Bezug auf das Heft?
Ideen gibt es viele in unseren Schubladen, die möchte ich aber ungern Publik machen. (*lacht*) Wünschen würde ich mir in Zukunft Texte über Vereine, die wir bis dato noch nicht in EF hatten, außerdem vielleicht mal einige Interviews außerhalb der Ultra-Szene, die Fanwelt ist ja schließlich sehr vielfältig. Eventuell. kann man auch wieder eine Gruppendiskussionen verschiedener Szene-Köpfe anstoßen, dass ist aber immer eine Menge Arbeit und oftmals hören die Leser nach zwei Seiten aufgrund der Fülle der Texte auf zu lesen… Dies ist sehr schade, denn die Meinungen und Ansichten sind immer sehr Interessant. Dies bringt mich auf einen weiteren Punkt: Wir erhalten sehr wenig Feedback von den Lesern, dass heißt mehr Mails oder Kommentare auf unserer Homepage wären wünschenswert.
Generell wünsche ich mir natürlich, dass wir das Tempo durchhalten und auch weiterhin in gewohnter Qualität und auch Stückzahlen erscheinen. Allerdings weiß jeder selbst, wie schwierig es ist, Privat- und Berufsleben in Einklang mit den Hobbies zu bringen. Dementsprechend sind wir immer offen für interessante Ideen und auch Mitarbeit am Heft. Wir haben gemerkt, dass es immer eine hohe Fluktuation in Sachen freier Mitarbeiter gibt, dementsprechend haben wir immer ein offenes Ohr.
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