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Geschrieben von Stephan am 20. Februar 2012

Vor wenigen Tagen konnte Torsten Gränzer sein neuestes Werk veröffentlichen. In ‚Toddes Tage‘ bilden die Spiele der BSG Stahl Brandenburg in der Zeit von 1985 bis 1989 die außergewöhnliche Rahmenhandlung dieser authentischen Erzählung, in der es nicht nur um den Sport geht. In dem Buch wird das Porträt eines Jugendlichen im Alltag der DDR vor und um die Wendezeit gezeichnet. Und damit sich jeder einen Eindruck vom Autor machen kann, nahm dieser sich die Zeit, um ausführlich auf unsere Fragen einzugehen.

Hallo Torsten, vor wenigen Tagen bist Du mit den Arbeiten an Deinem neuen Buch ‚Toddes Tage‘ fertiggeworden, wie kamst Du auf die Idee für dieses Buch und um was geht es in Deinem neuesten Werk?

Hallo Stephan. Die Idee ist vor einigen Jahren entstanden, so um 2003, als ich wieder mit der Fanszene des FC Stahl in Berührung gekommen bin und wir gemeinsam einen Song aufgenommen haben. Danach war ich wieder einige Jahre intensiv mit der Fanszene unterwegs, fuhr sogar vermehrt zu Auswärtsspielen. Quasi mein ‚Comeback‘ als Fan des FC Stahl, wobei ich auch eine Weile lang einen Teil der Pressearbeit übernommen hatte. Natürlich kamen durch diese Kontakte auch wieder alte Geschichten zum Tragen, gemeinsame Erinnerungen mit einigen ‚der Alten‘. Irgendwann habe ich dann ein paar der Geschichten aufgeschrieben. Ich hatte vor, nur ein paar Anekdoten rund um die Spiele der 80er Jahre aufzuschreiben, weil es letztendlich auch Interessenten dafür gab, aber mehr und mehr wurde das Schreiben zu einer ziemlich intensiven Reise in die Vergangenheit. Plötzlich taten sich ‚Nebenkriegsschauplätze‘ auf, die ich schon lange vergessen, oder auch verdrängt hatte. Oft habe ich das Schreiben dann sogar für Wochen oder Monate unterbrochen, weil einige Dinge mich zu sehr bewegt haben und ich einfach nicht weiterarbeiten konnte. Aber nach einem letzten großen Schub Ende des vergangenen Jahres konnte ich das Buch endlich abschließen und da ist es nun. Ich habe es eigentlich nicht mehr veröffentlichen wollen, weil es doch sehr persönlich und stellenweise sehr dramenhaft geworden ist, aber ein Freund hat mich dazu überredet. Im Großen und Ganzen ist eine Geschichte über einen Jugendlichen der DDR entstanden, die sich aus vielen kleinen Episoden zusammensetzt. Die Spiele der BSG Stahl Brandenburg zwischen 1985 und 1989 bilden die Rahmenhandlung. Letztendlich zeigt es ein Stück Leben in der DDR, Teile der Fankultur und Situationen in Schulen und Familien. Es ist also nicht nur ein Fußballroman, wobei Fußball allerdings einen großen Teil der Handlung einnimmt. Und: es ist eine authentische Erzählung…

Wie fällt Dein persönlicher Rückblick auf die damalige Zeit aus?

Wäre ich als erwachsener Fußballfan zu den Spielen gegangen, hätte vielleicht auf der Tribüne gesessen, als gereifter Mensch, würde ich die Zeit sicher positiv sehen. Immerhin handelte es sich um die erfolgreichste Zeit im Brandenburger Fußball überhaupt. Mir ist heute erst so richtig klar, was für eine einmalige Episode ich erleben durfte, eine bedeutende Zeit, von der viele damalige Fans, die nun über den ganzen Erdball verstreut leben, immer noch gerne reden. Hin und wieder habe ich gehört, dass einige der Jüngeren vieles dafür gegeben hätten, diese Zeit miterleben zu dürfen. Aber es war für mich persönlich auch eine sehr schwierige Zeit. Ich stand in meiner Entwicklung, war in dauerhaften Krisen. Deshalb muss ich diese Zeit sogar kritisch sehen, um mein Leben heute besser gestalten zu können. Denn es sind Dinge geschehen, über die ich, im Nachhinein gesehen, nicht so einfach hinweggekommen bin. Ich sehe die Zeit aber nicht negativ, sondern nur kritisch. Auch wenn ich gerne auf einiges verzichtet hätte, gehört dieser Teil unauslöschbar zu meinem Leben. Das muss ich akzeptieren. Ich habe mir eben in dieser Zeit auch viel verbaut, das ich bis heute nicht mehr nachholen konnte und es wohl auch nicht mehr kann.

Worin siehst Du die Unterschiede zwischen der Fankultur in den 80er Jahren und heute und was denkst Du über die heutige Ultra-Kultur?

Ich war seit 1990 mit ganz wenigen Ausnahmen lange Zeit nicht mehr regelmäßig bei Fußballspielen gewesen. Erst ab 1999 habe ich jobbedingt die Möglichkeit gehabt, hin und wieder Bundesliga und europäische Spiele zu sehen. Zur heutigen Fanszene habe ich keine Verbindungen mehr. Ich könnte vielleicht auf ein paar äußere Unterschiede eingehen, denn wir waren damals sicher nicht so konsumgeprägt, wie ein Großteil des jetzigen Publikums. Auch fällt auf, dass es scheinbar unterschiedliche Kulturen gibt. In der DDR in den 80ern war alles noch nicht so strikt getrennt. Da wurde geboxt, gesungen und gezündelt gleichermaßen, alles in einem Block. Sicher gab es auch unterschiedliche Gruppierungen, was die Jugendkulturen anging, aber wir trafen uns gemeinsam am Bahnhof und waren eben gemeinsam unterwegs gewesen. Erst in der Wendezeit kam es zu den Abspaltungen. Nach dem Mauerfall rannte alles in andere Richtungen. Manche Leute, die zu Zeiten der DDR noch zusammen ihr Ding machten, standen sich plötzlich feindlich gegenüber.

Zu den heutigen Ultras kann ich gar nicht so viel mitteilen, da ich keine Berührungspunkte zu ihnen habe und vieles nur aus den Medien wie die-fans.de kenne. Vielleicht waren wir im Osten ja schon nah dran an der Ultra-Szene. Es gab zwar keine Choreos, aber wir hatten absolute Identifikation mit unserem Verein. Auch kauften wir unsere Klamotten nicht von der Stange. Da wurde sehr viel selbst genäht und gestaltet, was Zaunfahnen und Schärpen anging und selbst die Pyros, wenn man sie denn so nennen will, waren selbst hergestellt. Von der Kreativität her standen wir den heutigen Ultras sicher nicht viel nach. Ich finde heutzutage beispielsweise diese Pyrogeschichten klasse und wenn die Ultras ihre eigenen Bereiche in den Stadien hätten und nur besonnene Leute dort etwas abfackeln würden, wäre für mich nichts dagegen einzuwenden. Mittendrin möchte ich da allerdings auch nicht mehr unbedingt stehen und ob man von jungen Menschen Besonnenheit erwarten kann, ist zumindest fraglich. Wir waren es damals jedenfalls nicht. Manch Blödsinn kann durchaus gefährlich werden, was ja die Tatsache der Toten im Fußball bezeugt. Das sollten allerdings die Leute entscheiden, die mehrheitlich in die Stadien gehen. Ich gehöre nicht mehr dazu…

Das Thema Gewalt beim Fußball ist in der heutigen Medienwelt dauerpräsent. Wie siehst Du diese Thematik auch mit Hinblick auf Deine Erlebnisse in den 80er Jahren?

Toddes Tage Ich bin ein Mensch, der Gewalt mittlerweile völlig ablehnt. Ich habe viel unter Gewalt gelitten und weiß, dass uns das nicht weiterbringt, sondern nur ängstliche, verbitterte und hassende Menschen aus uns macht.

Man macht halt viel Blödsinn, wenn man mit sich selbst unzufrieden ist. Selbst Nazi-Parolen gehörten zum ganz alltäglichen Oberliga-Geschehen der 80er Jahre. Dafür dass ich das damals hin und wieder mitgebrüllt habe, schäme ich mich heute noch. Gewalt sehe ich als kein fußballspezifisches Problem, sondern als ein gesellschaftliches. Überall müssen wir latente Aggressionen ertragen, sei es bei den Hartz IV-Gängelungen, in denen wir kriminalisiert werden, sei es bei Behörden oder am Arbeitsplatz aufgrund von Existenzängsten, sei es beim dem sich langsam zuziehenden Strick bei immer größeren Teilen der Bevölkerung. Dass sich ein Teil davon in einer aggressiven Grundstimmung beim Fußball äußert, ist für mich eine logische Folge, die aber nicht unbedingt und in jedem Fall in körperlicher Gewalt ausufern muss.

Aber auch eine andere Art der Gewalt finde ich persönlich bedenklich. Die verbale Gewalt, die auf dem Platz herrscht. Was macht das Leben der Menschen so unerträglich, dass sie Fußballspieler und Fans aufs Übelste beleidigen müssen? Ich habe damals mitgebrüllt. Heute versuche ich, meine Wut dort zu lassen, wo sie hingehört. In aktuellen Konflikten beispielsweise. Manchmal muss ich eine Verbindung zur Vergangenheit ziehen, denn nicht selten gehört meine Wut, die heute andere Menschen abbekommen, eigentlich in eine ganz andere Zeit. Auch das sind mitunter Überbleibsel meiner Erlebnisse in den 80er Jahren. Das so zu handhaben ist nicht immer einfach, aber wenn ich das vernachlässige, könnte es sein, dass ich bald wieder auf den Fußballplatz renne und meine Mitmenschen nach Tieren oder Geschlechtsteilen benenne. Das möchte ich ehrlich gesagt nicht.

Die Medien leben von Gewaltdarstellungen und Sensationsgelüsten. Dabei hat unseriöser Journalismus leider auch schon einst renommierte Blätter ergriffen. Ich habe eine Weile lang selbst für Medien gearbeitet, es aber mit meiner inneren Überzeugung nicht mehr vereinbaren können, Menschen bloßzustellen und sie an den Pranger zu bringen. Damit lösen wir die Probleme nicht, auch nicht mit den Maßnahmen von Politik und Fußballfunktionären. Besonders die Gängelung einzelner Vereine sehe ich als gefährlich an, wobei Sanktionen das Problem nicht bekämpfen, sondern eher verschärfen oder verlagern. Gewaltbereitschaft, Rassismus und Aggressionen spüre ich selbst beim kleinsten Dorfverein. Es nützt nichts, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich kenne Reporter, die gerne so etwas ablichten, aber in besoffenem Zustand selbst zur Gewalt neigen. Hier krankt es ganz woanders und das Aufspielen vieler Medien als Moralapostel kotzt mich einfach nur an. Gerade wegen dieser aggressiven Stimmungen besuche ich kaum noch Spiele. Hin und wieder gehe zu den Kreisligabegegnungen der zweiten Mannschaft des FC Stahl, weil die von einem meiner besten Freunde trainiert wird. Dazu habe ich einen persönlichen Bezug. Alles andere brauche ich nicht mehr.

Stahl Brandenburg spielte einst im UEFA-Cup und heute in der Brandenburgliga. Glaubst Du, dass der Verein irgendwann wieder auf die überregionale Fußballbühne zurückkehren wird und was müsste dafür passieren?

Heute wie auch früher in der DDR zählt natürlich die Unterstützung großer Gönner für den großen Erfolg. Sport und Wirtschaftlichkeit sind eng verknüpft, selbst im Amateurbereich. Auch in der DDR war das in den oberen Ligen nicht anders, allerdings war das sicher nicht mit den gewaltigen, kaum zu überwindenden sozialen Kluften und existenziellen Ängsten verbunden, wie heutzutage. Natürlich hat es damals andere Ungerechtigkeiten gegeben, weshalb ich das DDR-Modell nicht unbedingt favorisiere.

Heute könnte ein Großsponsor helfen, um relativ schnellen Erfolg zu schaffen. Die Frage ist, ob dies eine gesunde Art des Wachstums wäre. Ein großer Sponsor sucht sich auch schnell mal ein neues Spielzeug, wenn ihm langweilig wird… So weit ich das beurteilen kann, wird beim FC Stahl derzeit durchaus solide gearbeitet, was aber höchstens langfristigen Erfolg bringen kann, wenn überhaupt. Aber was wäre überhaupt Erfolg? Erfolg bedeutet für den FC Stahl meiner Meinung nach derzeit schon, keine neuen Schulden zu machen, die Liga zu halten, die alltägliche Vereinsarbeit zu leisten und einen stabilen Nachwuchsbereich aufzubauen. In letzterem sehe ich die größten Chancen für den sportlichen Erfolg. Neben den fußballerischen Qualitäten sollten auch Werte vermittelt werden, so dass die Spieler dem Verein die Treue halten, weil sie sich dort wohl fühlen und nicht wegen fünfzig Euro Mehreinnahmen abwandern. Wir brauchen Spieler, die sich seit der tiefsten Jugend dem Verein verbunden fühlen. Natürlich soll Ausnahmetalenten der Weg an die Spitze und zu anderen Vereinen nicht verwehrt werden und es wird immer Abwanderer geben. Wenn allerdings das Gros bleibt, was in einer Stadt mit der Wirtschaftslage Brandenburgs ohnehin nicht einfach ist, könnte durchaus wieder eine schlagkräftige Truppe entstehen, denn an Talenten mangelt es nicht. Leider gibt es schon in der Jugend oft die Mentalität, erst zu fordern, bevor etwas geleistet wird. Hier sehe ich allerdings wieder ein gesamtgesellschaftliches Problem und nicht unbedingt ein vereinsspezifisches.

Auch vom Umfeld her gibt es in Brandenburg viel Fußballbegeisterung. Die Kneipen sind voll bei Übertragungen der Bundesligaspiele, viele Leute fahren regelmäßig nach Berlin, Bremen und ins Ruhrgebiet. Natürlich ist den Leuten die Tristesse des Brandenburger Fußballs zu langweilig. Für meine Verbundenheit zu einem Verein brauche ich allerdings keine Stars und keine Champions League, die ich ohnehin ablehne, sondern etwas, wo ich tief verwurzelt bin. Das wäre in meinem Fall nur der FC Stahl. Und sollte der es irgendwann nicht mehr sein, würde ich eine neue Orientierung sicher nicht an Erfolg und Klassenzugehörigkeit fest machen, sondern daran, wo ich mich menschlich wohl fühle.

Mit Deiner damaligen Band ‚Fauxpas‘ hattest Du im Jahre 2003 mit ‚Stahl Feuer‘ wohl eine der besten und authentischsten Fußballhymnen aufgenommen. Wie kam es damals zu diesem Projekt?

Ich bin erst einmal berührt, dass Du den Song als eine der besten und authentischsten Fußballhymnen bezeichnest. Das freut und ehrt mich sehr. Damals waren wir mit Fauxpas ziemlich aktiv in der Biker- und Onkelzszene unterwegs gewesen und da gibt es immer Berührungspunkte zu Fußballfans. Irgendwie muss ich mal erwähnt haben, dass ich schon seit langem die Idee hatte, einen Song über meinen Verein aufzunehmen. Das hätte ich wohl nicht aussprechen sollen…

Die Fans lies der Gedanke nicht mehr los, bis es schließlich möglich gemacht wurde, auch durch Spenden der Fans, um das Studio bezahlen zu können. Ich hatte den Verein schon für tot gehalten. Dass dort aber mit so viel Herzblut agiert wurde, hat mich überzeugt, auch wieder vermehrt zu den Spielen des FC Stahl zu gehen. Damit begann 2003 meine zweite, vielleicht sogar viel intensivere Zeit bei dem Verein, da ich in die Vereinsarbeit eingebunden war, zu Spielern, Funktionären wie Fans ein gleichermaßen gutes Verhältnis hatte und damit einen noch viel persönlicheren Bezug, als noch in den 80ern, in denen es für die meisten Fans kaum Kontakt zu Spielern gab bzw. keinen Blick hinter die Kulissen eines Oberligavereins.

Wenn Du etwas am heutigen Fußball ändern könntest, was wäre das und warum?

Ich würde sofort wieder die alten Modi der europäischen Pokalwettbewerbe einführen. Im Meistercup würden beispielsweise nur die jeweiligen Landesmeister starten… Ich sehe die generellen Probleme ohnehin nicht im Fußball und würde deshalb nicht ihn ändern, sondern die Zustände in der Gesellschaft. Wir haben uns einfach ein wenig verzettelt, gelinde ausgedrückt. An einigen Stellen würde ich regulierend eingreifen. Die erste Maßnahme sollte das Bedingungslose Grundeinkommen sein. Diese Idee gibt es ja schon länger und ich halte sie für durchaus unterstützenswert und auch umsetzbar. Es wurde bereits errechnet, dass, wenn man jedem Bürger solch ein Einkommen zahlen würde, es wesentlich billiger wäre, als der Verwaltungs- und Kontrollapparat der jetzigen Betreuung der Arbeitslosen. Das verbunden mit einem vereinfachten Steuersystem würde sicher wieder viel mehr Menschen zu selbstständiger Arbeit animieren, die heutzutage aufgrund der Hürden, der Unwirtschaftlichkeit und der Gängelungen von Teilen der Gesellschaft davon noch Abstand nehmen. Die Menschen würden Kultur und Amateursport wieder wertschätzen können und sich auch in dem Bereich betätigen können, ohne immer wieder an der Wirtschaftlichkeit zu scheitern. Warum soll ein Trainer im Amateur- und Jugendbereich nicht ohne Repressalien der Jobcenter arbeiten können, wenn er dazu befähigt ist, warum ein Künstler nicht die Mitmenschen unterhalten, warum ein Betreuer von Hilfebedürftigen seine Arbeit nicht bezahlt kriegen? All diese Arbeiten haben einen hohen gesellschaftlichen Wert, den wir nicht mehr anerkennen. Wir messen nach Wirtschaftlichkeit, wobei heutzutage teilweise Berufszweige Wirtschaftlichkeit besitzen, die äußerst zweifelhaft sind. Ich denke da an die Waffen- und Bankenindustrie.

Leider misstrauen wir unseren Mitmenschen, kriminalisieren sie pauschal und können uns schlecht vorstellen, dass auch Menschen, die sich nicht um ihre Existenz sorgen müssen, arbeiten gehen würden. Ich sehe das anders. Ich kenne Menschen mit Spaß an ihrer Arbeit, auch wenn sie nicht wirtschaftlich ist und sie lediglich an der mangelnden Anerkennung leiden. Das Bedingungslose Grundeinkommen wäre eine Anerkennung der Gesellschaft. Die Leute könnten wieder ihre Beiträge, auch in Vereinen, zahlen und auch beim FC Stahl könnten wesentlich mehr Leute viel freier arbeiten und müssten keine Existenzängste mehr haben. Ich denke, das wäre von unser aller Nutzen. Alles, was dabei auf dem freien Markt verdient würde, wäre Zugabe. Diejenigen, welche den Hals nicht voll bekommen können, könnten weiterhin profitorientierten Bestrebungen nachgehen. Einige müssten sich allerdings auf Luxusgüter umstellen, denn das Bildungs- und Gesundheitswesen, Energieversorgung, Grundnahrungsmittel und die Verkehrsbetriebe würde ich sofort in die öffentliche Hand legen und deren Spitzen mit kompetenten Leuten besetzen. Dort dürfte nicht gewinnorientiert gearbeitet werden und wenn, dann sollten diese Gewinne für das Gemeinwohl verwendet werden. Ich kann wohl meine sozialistische Grundeinstellung nicht verbergen.

Ich verzichte übrigens schon lange auf den nur noch konsum- und profitorientierten Sport, in dem sämtliche gesunde Relationen verloren gegangen sind. Vereine, die nicht solide wirtschaften, würde ich gnadenlos von unten wieder anfangen lassen. Aber in der Bundesliga findet sich bei namhaften Vereinen eher mal ein Gönner mit Finanzspritze, auch wenn es der Ligakonkurrent ist, als beim Verein ohne Lobby oder gar in der wesentlich größeren Basis des Amateursports, wo schnell mal ein Exempel statuiert wird. Schon das sind für mich Gründe, die Bundesliga zu boykottieren. Ich war das letzte Mal vor fast zehn Jahren bei einigen Spielen. Da fand ich Underdogs wie Duisburg, damals noch im Wedaustadion, wesentlich attraktiver, weil sie mich an meine Jugend erinnert haben und weil es dort lange Zeit diese Plastikwelt und Anonymität nicht gegeben hat. Fußballvereine würden in meiner Welt nicht an Börsen gehandelt werden. Die würde es bei mir in unserem Zusammenleben ohnehin nicht geben. Keine Spekulationen, sondern nur solide Wirtschaft. Im Gegensatz zum Fußball ist die Börse eben kein Spiel und schnell werden dort Existenzen vernichtet…

Ich bin vielleicht ein wenig abgeschweift, aber ich denke, dass man die Tendenz im Fußball nicht ohne eine Bewusstseinswende in der Gesellschaft verändern wird. Dieses Umdenken liegt in unserer eigenen Hand. Fußball sind Emotionen, die für jeden zugänglich sein sollten, der es will. Die findet man auch im Verein vor der Haustür und nicht nur bei der Elite. Würde ich noch einmal leidenschaftlicher Fußballfan werden, dann unterstützte ich meinen Heimatverein, der das Geld dringend nötig hat und ums Überleben kämpft und würde es nicht denen in den Arsch schieben, die ohnehin schon mehr als genug Sonne tanken…

Und abschließend meine Frage nach Deinen aktuellen Projekten. Arbeitest Du bereits an einem neuen Buch und bist Du in nächster Zeit mit Deinen Musikprojekten unterwegs?

Momentan bin ich dabei, mein Leben etwas zu ordnen. Das Bücherschreiben ist sehr zeitintensiv und man kann dabei durchaus vereinsamen. Zudem stelle ich mir natürlich immer die Frage, womit ich meinen Lebensunterhalt bestreiten will und kann. Ich bin eben kein großer Händler und Marketing-Experte, sondern wohl doch eher so ein ‚Spinner‘ von Künstler. Ob und wann ich wieder einmal eine Bühne betreten werde, kann ich absolut nicht sagen. Es liegen zwar viele neue Songs in der Schublade, aber leider fehlt das Geld, um daraus ein neues Album zu machen und momentan auch an Musikern, um das dann live umzusetzen. Deshalb ist es musikalisch eher ruhig bei mir geworden. Allerdings habe ich den Traum, einmal mit einem Best Of-Programm auf die Bühne zu gehen und ein paar Konzerte mit alten, aber neu arrangierten Fauxpas-Songs, den Highlights aus dem Puls-T-Programm und den Songs, die ich aktuell mit Daniel Perlick gemacht habe, zu geben. Die Bühne jedenfalls reizt mich immer noch sehr, aber momentan ist da nicht viel möglich. Vielleicht fange ich ein neues Buch an. Mir kam sogar der Gedanke an eine Fortsetzung von ‚Toddes Tage‘, denn über die frühen 90er ließe sich aus meiner Sicht sicher auch noch einiges sagen… Es gibt aber auch verschiedene andere Buchprojekte im Kopf, die auf ihre Umsetzung warten. Langweilig wird mir sicher nicht werden. Nun will ich mir allerdings erst einmal ein paar Tage Zeit gönnen und hoffe auch auf die Feedbacks der Leser.

Vielen Dank Torsten, dass Du Dir so viel Zeit für uns genommen hast.

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Ein Kommentar zu “Interview mit Torsten Gränzer, Autor von Toddes Tage”

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