Im Sommer erblickte ein neues Fanzine aus der Feder von Mirko Otto das Licht der Welt. In Polska Kibolska berichtet er nun künftig regelmäßig von seinen Erlebnissen und Erfahrungen mit der polnischen Fanszene. Die Erstausgabe ist dabei schon auf reges Interesse gestoßen. Zwischen den beiden Ausgaben nahm sich der Autor nun etwas Zeit, um sich unter anderem zu seinen Beweggründen und das nächste Heft zu äußern.
Hallo Mirko, Du hast mit Polska Kibolska ein weiteres Heft herausgebracht. Was waren Deine Beweggründe und was erwartet den Leser?
Es gab eigentlich zweierlei Gründe. Einmal hatte ich ja seit 2010 etwa ein riesiges Buch über die Fanszene in Polen im Hinterkopf. Mit Interviews, Erklärungen, Berichten, Übersetzungen usw. also quasi mit allem was dazu gehört. Teilweise hab ich auch damit begonnen – sofern man das Zusammentragen von Themen als Beginn klassifiziert, hehe –, aber letztlich stellte sich heraus, dass ich das sowohl zeitlich als auch finanziell kaum würde stemmen können. Ein Buch in A4-Format, komplett in Farbe mit sagen wir 400 Seiten kostet einfach eine Menge Kohle, zumal der Kreis der es letztlich kaufen würde, doch überschaubar ist, auch wenn alle immer lapidar meinen, dass es einschlagen würde wie Bombe.
Nun lagen die Arbeiten auf Eis, aber mir macht es dennoch unheimlich Spaß, über Polen zu schreiben und zu informieren, auch weil viele Bekannte aus Nah und Fern mich stets mit Fragen löchern. Im BfU ist der Platz dafür nur bedingt vorhanden und aus der Beziehungskiste wollte ich auch kein reines Polen-Heft machen, weil da nur Raum für Spielberichte ist, ich habe auch Bock, mal gute Artikel zu übersetzen oder verschiedene Sachen zu erklären.
So entstand eben die Idee mit dem Heft. Je länger ich darüber nachgedacht habe, desto sinnvoller erschien mir die Entscheidung, denn ein Heft ist einfach lebendiger. Ein großer allumfassender Artikel über Lodz in einem Buch steht für die Ewigkeit. In einem Fanzine kann ich drei Ausgaben später das Thema erneut aufgreifen, ggf. über Veränderungen berichten etc. Vergess ich jetzt mal ein geiles Foto, dann ist das nicht so schlimm, kommt es eben bei Gelegenheit mal unter einen Text der entsprechenden Szene. Im Buch würde mich das ärgern. Hintenraus wird es wahrscheinlich so, dass in irgendwann zehn Ausgaben Polska Kibolska exakt das stehen wird, was auch im Buch gelandet wäre. Kommt also im Endeffekt aufs Gleiche raus.
Den Leser erwarten natürlich Spielberichte – inkl. Auswärtsfahrten mit Slask Wroclaw –, die unabdingbar sind. Allerdings sind die meisten mit vielen Hintergrundinfos versehen und oftmals schweife ich auch ziemlich ab und erkläre, warum eine Armbanduhr in Polen unnütz ist oder versuche generell paar Dinge aus dem Alltagsleben zu transportieren. Dazu gibt es einen großen Überblick über die Aufteilungen in der Stadt Krakau, meine ganz persönliche Einschätzung über die Szenen der drei Städte, ein Kurzinterview mit Unia Oswiecim, mein ersten Spielbesuch im Juni 1997 – herrliche Story, der Tag wäre beinahe in die Hose gegangen –, einen Bericht über eines meines krassesten Auswärtsspiele mit Slask – Katowice Juni 2000 (Leseprobe zum Spiel als pdf downloadbar) – sowie paar kleinere andere Dinge. Denke schon allein die Übersetzungen der kranken Aufschriften von diversen Schals aus Krakau sind da Gold wert und Sachen, die man sonst nie mitbekommt.
Letztlich ist es ein Heft für Nerds. Gleichwohl schreibe ich dort bewusst locker und flapsig, achte nicht zu extrem auf korrekte Ausdrucksweisen, sondern das Heft ist meine Spielweise, um so zu schreiben, wie ich denke. Das erlaubt mir auch eine vernünftige und häufige Erscheinungsweise, weil ich Artikel nicht fünf Mal kontrollieren lasse oder überarbeite. Dazu ist die Auflage auch nicht extrem hoch, was schon den Druck von vornherein nimmt.
Wie oft wird das Heft künftig erscheinen und um welche Themen wirst Du Dich in der zweiten Ausgabe kümmern?
Ich handhabe den Erscheinungsturnus gemäß der polnischen Lockerheit. Einen festen Rhythmus erlege ich mir nicht auf, weil mich das nur unnötig stresst und dann meist nichts Gutes bei rumkommt. Angedacht sind an sich drei Ausgaben pro Jahr. Ich denke, das ist auch relativ problemlos machbar, doch es kann durchaus vorkommen, dass zwischen zwei Ausgaben auch mal ein halbes Jahr liegt. Die zweite Nummer wird jetzt auch gut zwei Monate verspätet erscheinen, wobei ich mit dem angedachten Termin Ende August eh etwas zu forsch rangegangen bin. So richtig fest sind die Themen noch nicht, ich werde die Ausgabe jetzt in den kommenden Tagen fix zusammenschreiben und dann wird sich zeigen, was inhaltlich machbar ist, was zusammenpasst usw. Ganz sicher wird ein größeres Interview enthalten sein. Das hatte ich vor einigen Jahren mal live geführt und herausgekommen ist eine sehr lockere Gesprächsrunde mit den Hooligans einer Szene aus dem polnischen Kohlenpott.
Dazu wird´s natürlich paar Spielberichte geben und ein großes ‚Lodz-Spezial‘, ähnlich dem über Krakau in der ersten Ausgabe. Weiterhin hab ich ein, zwei sehr geile Augenzeugenberichte aus der guten, alten Zeit und dann schau ich noch, wie ich das Heft gelungen abrunden kann. Gibt da ein gutes Interview mit einer toten Szene, die einst in den 70/80er Jahren die Nummer 1 in ihrer Stadt ist und in der auch viel über die Jugendkultur damals erzählt wird. Spannende Sache, aber ich muss schauen, ob das dann nicht alles etwas zu viel wird und ich das dann in Heft drei mit reinpacke. Zumal Übersetzungen auch echt eine Kunst für sich sind und gar nicht so einfach, wie die meisten annehmen. An der Stelle muss ich auch ehrlich zugeben, dass ich mich da etwas überschätzt habe. Ach ja, für die Rubrik ‚Mein erstes Mal‘ konnte ich einen Bekannten zum Schreiben animieren, denke das könnte ähnlich erlebnisreich und amüsant werden, wie mein Bericht in Heft eins, für mich persönlich übrigens das Herzstück der vergangenen Ausgabe. Denke also, wem die Premiere gefallen hat, der wird auch jetzt nicht enttäuscht werden.
Und was waren Deine polnischen Spielehighlights in den vergangenen Monaten?
Och, da gab’s eigentlich überhaupt kein konkretes Spiel welches jetzt heraussticht. Liegt mit Sicherheit daran, dass ich kaum noch auf vermeintliche Spitzenspiele schiele, weil ich, hoffe das klingt nicht arrogant, an sich den Großteil der guten Szenen bereits vor und kurz nach der Jahrtausendwende mit krassen Spielen gemacht habe. So hatte ich einen Heidenspaß im Frühsommer bei ein, zwei Spielen in Liga 7 und 8, die mich fast schon geflasht haben, einfach weil die Ereignisse dort so überraschend und unerwartet kamen, fast wie früher, wo man ja doch meistens Fahrten ins Blaue absolvierte, ohne so recht zu wissen, was einen erwarten würde. Ich hoffe mir gelingt es, die dortigen Erlebnisse so zu Papier zu bringen, dass der Leser dem nachempfinden kann.
Wie vielen die Reaktionen auf Heft 1 aus?
Unheimlich! Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, weil ich in der Einleitung der Ausgabe zwei gesondert drauf eingehen möchte, aber ich wüsste nicht, ob ich jemals derart viel Feedback auf ein Fanzine bekommen habe. All diejenigen, die das jetzt hier lesen und vielleicht noch auf Antwort warten, bitte noch ein wenig Geduld. Seid euch sicher, ich hab jede Mail mehrmals gelesen und mich wahnsinnig über jede Zeile gefreut. Das Lob ging runter wie Öl. Klar, ich wusste natürlich schon, dass das Heft gut ankommen würde, aber so krass? Ich könnte jetzt noch stundenlang hier schreiben, so sehr haben mich die vielen Worte der Leser bewegt. DANKE DANKE DANKE!
Teilweise waren auch gute Vorschläge für die Zukunft dabei, was natürlich doppelt geil ist bei Rückmeldungen, denn so entsteht etwas Interaktion und ich setz mich mit großer Freude vor den Monitor um zu schreiben, weil ich weiß dass da draußen genug nur darauf warten und gierig sind nach Informationen und neuem Lesestoff aus diesem einzigartigen Land.
Noch etwas Geduld, denke gegen Ende Oktober ist es soweit, musste jetzt selber auch mal etwas faulenzen.
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Leseprobe zum Spiel GKS Katowice vs. Śląsk Wrocław
Tags: Fanzine, Groundhopping, Interview, Polska Kibolska
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