Kurz vor Weihnachten kam noch ein druckfrisches Groundhopping-Werk auf den Markt. Dieses stammt aus der Feder von Florian Sauer und trägt den Titel ‚92 – Eine Reise durch das Mutterland des Fußballs‘. Auf ganzen 540 Seiten schreibt der Autor darin über seine Fußball-Erlebnisse in den vergangenen zwölf Jahren auf der britischen Insel. Kurz nach den Feiertagen nahm sich Sauter nun etwas Zeit, um zu seinem Erstlingswerk einige Fragen zu beantworten.
Hallo Florian, kurz vor Weihnachten ist Dein erstes Buch erschienen. Wie zufrieden bist Du mit dem Ergebnis?
Sehr zufrieden. In das Buch sind mehr als drei Jahre Arbeit geflossen und in Zusammenarbeit mit dem Verlag ist etwas wirklich Stimmiges entstanden. Es ist schön, dass es jetzt erhältlich ist. Das Ziel war immer, dass das Buch Englandfußballfeeling pur vermittelt. Das ist vom Cover bis zum Inhalt sehr gut gelungen und ich bin sicher, dass die Leser Spaß am Buch haben werden.
Beschreib doch bitte, was den Leser auf den 540 Seiten Deines Werkes erwartet?
Vereinfacht gesagt sind es 92 Berichte von den Partien, die ich über fast zwölf Jahre besucht habe, um in allen 92 englischen Profistadien ein Match gesehen zu haben. Dabei geht das Buch über die reinen Reiseberichte hinaus und liefert viele wissenswerte Hintergrundinfos zu den Klubs und den Stadien, bzw. zu (Fußball-)England im Allgemeinen. Im Querschnitt ein sehr akkurates Bild des heutigen englischen Fußballs. Zudem konnten wir mit über einhundert Farbbildern der Grounds und einem umfangreichen Anhang einen schönen Zusatzwert schaffen, inkl. Tipps für die eigene Englandtour.
Wie bist Du eigentlich damals auf die Idee gekommen, alle 92 Stadien der vier Profiligen zu bereisen?
Für Freunde des englischen Fußballs sind die ‚92‘ ein durchaus bekanntes und erstrebenswertes Ziel, nicht zuletzt aufgrund der Mitgliedschaft im ‚92 Club‘ als Belohnung. Selbstredend ist das Ganze zunächst einmal abstrakt, gerade wenn man nicht in England daheim ist. Man fängt entsprechend nicht von Null an und entscheidet, dass man alle 92 Grounds bereist. Vielmehr geht man dem natürlichen Interesse nach und besucht diverse Stadien auf der Insel, in meinem Fall zunächst einmal London und Umgebung, sowie ein paar ‚Klassiker‘. Irgendwann ist man dann bei 40 oder 50 Stadien und entscheidet, ein Projekt daraus zu machen. Am Ende tut die Sammelleidenschaft in Verbindung mit einer Affinität für England und den englischen Fußball ihr Übriges.
Welche Spielorte haben Dich auf der Reise am meisten überrascht?
Spielorte im Sinne von Stadien überraschen eher weniger. Durch diverse Groundguides und die Recherche vorab weiß man schon sehr genau, was einen erwartet. Die positiven Überraschungen waren daher eher die Städte. Sehr positiv überrascht war ich z.B. von Manchester. Die Stadt hat man irgendwie als schnöde Industriemetropole abgespeichert, was nicht per se falsch ist, aber das Flair ist sehr angenehm und ich habe dort immer gerne Station gemacht. Dann hat man Städte, die man ohne Fußball wahrscheinlich nie besucht und rückblickend etwas verpasst hätte. Hier sind z.B. Bristol, Norwich oder Newcastle zu nennen.
Wie bewertest Du die Entwicklung in den englischen Stadien in den vergangenen zwölf Jahren?
Seit meinem ersten Besuch im Jahr 2002 hat sich offen gesagt nicht so viel getan was das Stadionerlebnis angeht, weder positiv noch negativ. Die Umwandlung in reine Sitzplatzstadien und der Publikumswandel haben sich bereits vorher abgespielt. Natürlich hat sich die Maschinerie des modernen Fußballs nochmal beschleunigt, im Sinne von Ablösesummen, Ticketpreisen etc.. Das konnte ich aber dadurch ausgleichen, dass ich ja auch oft in den unterklassigen Ligen unterwegs war. Letzten Endes ist es für mich sehr bedauernswert, dass ich niemals den englischen Fußball der 70er oder 80er Jahre im Stadion verfolgen konnte, der Maßstäbe in Sachen Fankultur gesetzt hat. Darüber hinaus stehen aus Fansicht ein paar harte Jahre erst noch bevor, wenn einige Klubs, die noch in schönen, traditionsreichen Grounds spielen in einen Neubau ziehen werden, wie z.B. aktuell die Spurs, nächstes Jahr Chelsea oder bald auch Everton. Dann geht dem englischen Fußball definitiv ein Stück Identität verloren, man schaue sich nur die Tragödie rund um das neue Stadion von West Ham an.
Wenn Du etwas am heutigen Fußball ändern könntest, was wäre das?
Ich denke, ich teile da die pain points mit der Mehrheit der Fußballfans, wobei ich vieles nicht mehr so eng sehe wie noch vor zwanzig Jahren was die Kommerzialisierung angeht. Trotzdem bin ich natürlich kein Freund des derzeitigen künstlichen Zuflusses von Geldern durch die Eigentümer von Klubs, siehe Leipzig, PSG oder ManCity. Gleichzeitig ist das aber kein neues Problem und gerade England hat hier ja eine Art Vorreiterrolle. Im Grunde unterscheiden sich Klubs wie Liverpool oder Chelsea, die nur gegründet wurden weil ein Stadion damals leer stand von Konstrukten wie Leipzig nur insoweit, als dass einhundert Jahre dazwischen liegen.
Was macht für Dich die Faszination Groundhopping aus?
Für mich sind es drei recht unterschiedliche Aspekte. Erstens zwingt man sich aus der touristischen Reiseebene heraus, wenn man seine Reiseziele und -zeiten nach Spielplänen ausrichtet. Man kommt in Ecken, die man sicher ohne Fußball nie angesteuert hätte und man bekommt im Stadion ein sehr gutes Bild von der lokalen Bevölkerung bzw. deren Mentalität. Zweitens geht es mir bei Spielbesuchen im In- und Ausland immer auch um den Fußball als solches. Ich kann das Fußballgeschehen wesentlich intensiver verfolgen, wenn ich schon einmal bei einem Klub zu Besuch war und wenn dies nur darin besteht, dass man sich montags die Ergebnisse und Tabelle der zweiten Liga aus Land A oder B anschaut, weil man durch einen Matchbesuch eine gewisse Bindung zu einem Klub aufgebaut hat. Drittens, eher banal aber höchst befriedigend: Tourenplanung, Vorfreude, Ausführung, Nachbereitung.
Noch eine letzte Frage: Wenn ich ein verlängertes Wochenende auf der Insel verbringen würde, wo müsste ich unbedingt vorbeischauen und warum?
Angenommen ich dürfte Spielpläne erstellen würde das Wochenende Freitagabend mit einem Wolverhampton-Heimspiel starten. Obwohl der Ground relativ neu ist, einer meiner absoluten Favoriten, eine wirklich sehr schöne Kiste mit einer tollen Atmosphäre, die Stadt steht komplett hinter den Wolves. Samstag stünde dann Everton auf dem Programm. Liverpool ist als Stadt sehr sehenswert, mit den Docks und dem Hafenviertel. Der Goodison Park ist zudem eine Kultstätte des englischen Fußballs. Muss man anschauen so lange es ihn noch gibt. Danach der Abend und die Nacht in Manchester, ehe Sonntag Fulham in London folgt. Wirklich fantastischer Ground am Ufer der Themse, v.a. der denkmalgeschützte Main Stand aus dem Jahr 1905 ist eine Zeitreise in die Anfangstage des Fußballs.
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Tags: England, Groundhopping, Stadien
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